© Pfarrer Michael Nitzke

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Büttenrede 2013 (1.2.2013)


Karnevals-Feier der Evangelischen Philippus-Kirchengemeinde Dortmund (1.2.2013)


Sagt mir mal, liebe Brüder und Schwestern,

ich bin ja nun wirklich nicht von gestern:

Ich wollte hier mal in Ruhe zum flotten Dreier!

Und wo bin ich gelandet? Auf ‘ner Karnevalsfeier!

Ich bin ja sonst sehr für Toleranz,

doch eins verstehe ich nicht so ganz.

Ich will heute ein bisschen was erleben zu dritt,

und auf einmal machen da so viele Leute mit.

Ich will doch nur mal in Ruhe so ein bisschen reizen,

und ihr fangt hier an, euch karnevalistisch aufzuheizen.

Für mich war eines immer sonnenklar:

Das, was ein Dreier seit Urzeiten war:

Drei Leute, die in froher Runde Karten kloppen,

und bei diesem Spiel kann mich keiner stoppen.

Mit Freunden ‘ne gepflegte Runde Skat,

das ist ein flotter Dreier mit Format.

Ein Schelm, wer was Böses dabei denkt,

doch mancher fühlt sich doch gekränkt.

Deshalb sollte man den Titel doch mal überdenken,

und den Sensiblen etwas mehr Beachtung schenken.

Nicht alle denken beim Dreier nur an Karten,

da scheint mancher auf was anderes zu warten.

 

Doch das ist doch längst schon hier geschehen,

wir können es doch alle mit eignen Augen sehen.

Philippus konnte wirklich was Besonderes bewirken,

er einte die Christen aus drei Gemeindebezirken.

Drei war’ns: Kirchhörde, Brünninghausen, Löttringhausen.

Lange tat man sich das karge Haupthaar zerzausen,

wie man denn zusammenarbeitet mit denen allen

Manchen tat so eine Vereinigung ja nicht gefallen.

Aber um die drei Kirchen wohnten ja gar keine Feinde,

Freunde sind es, die nun vereint sind in einer Gemeinde.

Der Missionar Philippus gab ihr gerne seinen guten Namen,

darunter sind vereint evangelische Herren und auch Damen.

 

 

Was gab’s im letzten Jahr in Dortmund für ‘nen Trubel,

die Borussen holten sich zum ersten Mal das Double.

In Dortmund heißt es: Schwarz-Gelb ist Fußballmeister.

Schalke sagt: Königsblau ist nur Dritter, Scheibenkleister!

Die Seelenpein von Gelsenkirchen war uns schiet-egal,

Ne Woche später holten wir gegen die Bayern noch den Pokal.

Als man im Vorjahr den Borussen die Schale serviert,

wurde in der Kirche gerade meine Gruppe konfirmiert.

Diesmal hatte ich den letzten Spieltag freigehalten,

die Konfirmation wollte ich ‘ne Woche später gestalten.

Prompt wurden sie Meister, bekamen die kostbare Schale,

doch die Meisterfeier war, erst nach dem Pokalfinale.

Die Samstags-Konfis konnten leider das Spiel nicht sehen,

die Sonntags-Konfis konnten nicht zur Double-Party gehen.

Mal sehen, ob ich noch so einen dollen Coup hinkrieg.

Die nächste Konfi leg ich auf‘s Finale der Champions-League.

 

 

In Dortmund liebt man ja mit Leib und Seele den Sport,

und deshalb trainieren viele einfach gern an diesem Ort.

Sie holen das letzte aus sich raus, Sport wird fast zur Qual,

Sie üben im Norden hinterm Fredenbaum am Dortmund-Ems-Kanal

Für Olympia zwanzigzwölf haben Sie sich sehr viel Mühe gemacht.

Sie legten sich kräftig in die Riemen, denn sie waren zu acht.

So wird Dortmunder Trainigsschweiß in London zu Gold verwandelt.

Der Deutschlandachter wurde zu Recht als Favorit gehandelt.

 

Damit die Stadt im ganzen Land wird mehr bekannt gemacht,

hat man sich da heimlich mal was ganz neues ausgedacht.

So was wie dies, hatte es noch nirgend wo im Land gegeben.

Da muss man erst nach Dortmund kommen um das mal zu erleben.

Nein, ich meine keine Modenschau mit dem allerletzten Chic,

ich denke da eher an eine Provinzposse unserer Lokalpolitik.

Oft beklagen sich Schwarze genauso wie die roten Genossen,

die meisten Leute seien doch heutzutage politikverdrossen.

Letztes Jahr hat man ihnen diese Angst gründlich genommen,

denn man ist im Rathaus auf eine glorreiche Idee gekommen.

Erst nach der Wahl hat man dem Bürger vom Millionenloch erzählt.

Da hilft scheinbar nur eines, es wird einfach noch mal gewählt.

Der Bürger denkt, das ist doch alles Lüge, alles nur Betrug,

doch wird man durch neue Wahlen wirklich aus dem Schaden klug?

Die Genossen, die es mit der Wahrheit nicht genau genommen,

sind nach der Wiederholungswahl stärker in den Rat gekommen.

 

Einige hatten es schon munter in die Welt getwittert,

sie hatten in Dortmund ihre große Chance gewittert.

Sie hofften auf eine große Anzahl Dortmunder Wählerstimmen,

denn sie war’ns schon gewohnt auf der Erfolgswelle zu schwimmen.

Zur Ratswahl durften sie nicht auf dem Stimmzettel stehen,

denn die wurde vom Gericht als Wahl-Wiederholung gesehen.

So mancher hat sich dann auch über ihren Namen beklagt.

Denn vor Afrika werden die Piraten von der Marine gejagt,

dort hatten grausame Seeräuber viele Geiseln genommen,

und hier können Piraten einfach in die Parlamente kommen?

Doch dann haben sie sich in ihren eigenen Intrigen verfangen,

und so sind die Piraten mit Mann und Maus untergegangen.

 

Derweil versucht Frau Merkel noch über Wasser zu bleiben,

Doch wie, wenn die Gelben, Richtung Meeresgrund treiben?

Da wünscht sie sich doch einen alten Freund wieder zurück.

Rotes Parteibuch, pechschwarzes Herz, das ist Peer Steinbrück.

Kanzlerin bleibt die Mutti selber, ja das wisst‘er,

der schwarze Genosse wird höchstens Finanzminister.

 

Das Geldverdienen kann man bei Steinbrück gut erlernen,

man muss sich nicht einmal von der Legalität entfernen.

Eine gute Rede macht fünfundzwanzigtausend in der Stunde.

Also gebt hier schon mal den Klingelbeutel in die Runde,

Jemand stoppt dann bei meiner Büttenrede mal die Zeit,

und Ihr alle haltet vierhundert Mücken pro Minute bereit.

Eigentlich könnte ich ja noch mehr Kohle damit machen,

dann anders als beim Peer, gibt’s bei meiner Rede was zu lachen.

 

Nichts mehr zu Lachen hat der einstige erste Mann im Staat,

Man sah die Tränen, im Auge als er von dem Amt zurücktrat.

Wie weit man gehen kann, das hat er viel zu spät erkannt,

jetzt ist ihm noch die Frau an seiner Seite weggerannt.

Mancher sagt, Bettina habe ihm das alles eingebrockt,

doch er selbst wurde auch vom großen Leben angelockt.

So kam er dann zu Fall, der Koloss auf tönernen Füßen,

der Prophet Daniel, lässt dazu nett aus der Bibel grüßen.

Dem König hatte er damals erklärt, was der geträumt.

Alle hatten Angst, dass der darauf vor Wut nur schäumt.

Das Haupt aus Gold, die Arme silbern, das Bein aus Eisen,

die Füße waren nur aus Ton, ob‘s hält sollte sich erweisen.

Ein Fels brachte den Traum-Riesen dann nicht nur ins Wanken.

Nebukadnezar tat Daniel trotz der harten Wahrheit danken.

Und seit dem wissen wir es wirklich überall,

nach dem Hochmut kommt ganz schnell der Fall.

 

Der neue Chef im Schloss Bellevue,

ist beileibe kein Parvenü,

Aus Rostock kam Joachim Gauck,

und führt das Amt ohne Klamauk.

Von Vorteilsnahme ist der ganz unverdorben,

den Respekt hat er sich als Pastor erworben,

Als Archivar der Stasi-Unterlagen,

hat er schon mache Last getragen.

Mit Pfarrer Gauck und Frau Merkel, dem Pastorenkind,

heißt‘s, dass Deutschland christliches Profil gewinnt.

Ihre Gegner halten das für nicht adäquat,

sie fürchten Deutschland wird zum Gottesstaat.

 

Das zeigt sich bei uns schon auch auf eine ganz andre Weise,

‘ne spezielle Beschäftigung zieht seit Jahren ihre Kreise.

An jedem Sonntag gibt es ein deutschlandweites Ritual,

manche können gar nicht ohne, für andere ist‘s ‘ne Höllenqual.

Nein, ich meine hier nicht den Gang zur Kirche am Morgen,

es ist ‘ne abendliche Geschichte voll Kummer und Sorgen.

Sonntagabend geht niemand gern von zu Hause fort,

da sitzt man auf dem Sofa und guckt den Tatort.

Seit dem letzten Jahr wird’s richtig prickelnd,

denn das Fernsehen hat ein neues Team entwickelt.

Kommissare kamen aus Köln und Münster, früher mal aus Essen,

Schimanski aus Duisburg, nur Dortmund schien so ganz vergessen.

Doch im letzten Jahr tat das Warten nun endlich enden,

die ARD begann, den Sonntagskrimi aus Dortmund zu senden.

Doch schnell kam dann das böse Erwachen,

was tun die aus unsrer Stadt nur machen?

Die erste Leiche lag auf der alten Deusener Mülldeponie,

sie war trauriges Opfer von Sektierertum und Homophobie.

Dazu ein unhöflich-kauziger Kommissar mit Selbstmordgedanken,

auf dem Dach der Käthe-Kollwitz-Penne kam er fast ins Schwanken.

Der zweite Fall war wieder politisch, man ahnte es schon:

es ging um Nordstadt-Bulgaren und Zwangsprostitution.

Letztlich ging es doch wieder um Eifersucht, das alte Spiel,

‘ne Ex-Bordsteinschwalbe als Beraterin… ach ich verrate zu viel.

Für die Stadt war das leider überhaupt kein Image-Gewinn,

aus Angst fuhren viel weniger Busse zum Weihnachtsmarkt hin.

Der Dortmunder guckt das nur, um was von der Stadt zu erkennen,

solange er nicht beginnt bei den Ermittlungen einzupennen.

Vorschläge für neue Fälle werden sicher entgegengenommen.

Wie wär’s mit ‘nem Mann, der in der Thier Galerie umgekommen?

Der Fall liegt vor den Augen des Kommissars genau:

Die Schuld trägt von der Leiche die Ehe-Frau,

der Ermittler wendet sich ab mit entsetzlichem Grauen,

sie hat beim Schoppen zu viel Geld auf‘n Kopp gehauen.

 

Zwanzigzwölf war das Jahr der Kinder-Schlaf-Geschichten,

denn ein Jubiläum stand ins Haus. Die Medien berichten,

dass in Berlin, vor nun schon zweihundert Jahren,

die Kinder- und Hausmärchen erschienen waren.

 

„Es war einmal“, so fangen diese alten Geschichten an,

die man auch heute noch gerne erzählt, dann und wann.

wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.

Es sei denn sie sind geworden des bösen Wolfes Beute.

Märchen habe ich auch voriges Jahr in der Kirche erzählt.

Ich hab dazu das Märchen von der weißen Schlange gewählt.

Ich habe dazu Vergleiche zur Paradiesgeschichte gezogen,

wo die kluge und böse Schlange hat Adam und Eva betrogen.

Der Deutschlandfunk hat aus der Kirche live übertragen,

das war schon sehr spannend, das kann man wohl sagen.

So ein Rundfunkgottesdienst dauert fast eine Stunde,

die kann lang werden, wenn man berechnet jede Sekunde.

Wenn man dann mit dem Sprechen doch schneller fertig ist,

muss an der Orgel noch etwas länger spielen der Organist.

Hinterher her hat das Telefon nicht mehr still gestanden,

manche riefen an, weil sie es doch sehr erbaulich fanden.

Einer tat den Hörer meiner persönlichen Hotline schwingen,

und sagte, so falsch sollte der Pastor kein Kyrie singen.

 

Was ist sonst noch in Philippus vorgekommen?

Der Bruder Rüdiger ist uns abhandengekommen!

Macht jetzt in der Schule jeden Tag Unterricht,

für mich wär das nichts, ich könnte das nicht.

Bruder Karsten hat das damals eigentlich ganz gerne gemacht.

Gemeinde plus Schule hat ihn jedoch um den Schlaf gebracht.

Von Schwester Bianca hat keiner den Auftritt im Dirndl vergessen,

und alle sind noch ganz von Bruder Andreas‘ Parodien besessen.

Mit der Nachbargemeinde haben wir feste kooperiert,

klar, dass Philippus davon nicht schlecht profitiert:

‘nen ganzen Bruder Thomas haben wir von denen aufgepickt,

und dafür nur ne viertel Schwester Karin zurückgeschickt.

Einige meinen aber, das rechnet sich nun wirklich nicht,

denn dass Michael Sup spielt, ist für Philippus Verzicht.

Ach lasst mich doch einmal da sein bei den hohen Tieren

nächstes Jahr komme ich wieder zurück … auf allen Vieren.

 

Bis dahin gibt es noch so manches zu ordnen und zu steuern.

Von den vier Kirchenchefs, wollen wir zwar keinen feuern,

Doch am Ende gibt’s in Dortmund nur noch einen Superintendenten.

Aber damit er nicht alleine ist, hat er zwei eig’ne Assistenten.

Alle sind gestresst von dem Thema „Reform“,

und zwar nicht ein bisschen nur, sondern ganz enorm.

Für den schweren Weg aus der Strukturkrise Enge,

brauchen wir Geistesblitze, und zwar eine Menge.

Werden wir uns nur mit uns selber befassen,

oder werden wir Raum für Gottes Gnade lassen?

Damit wir auch morgen noch das Wort Gottes hören,

müssen wir manche im Schlaf der Sicherheit stören.

Manch einer denkt: „Komm, wir lassen das ganz!“,

doch so weit geht das nicht mit der Toleranz.

In Zukunft gilt es nicht, den Mangel zu verwalten,

nein, man muss mit Liebe die Räume gestalten.

Ein zartes Pflänzchen gilt es zu begießen,

damit an ihm die Knospen hundertfach sprießen.

Nur so können davon reiche Früchte hinab fallen,

durch die der Glaube bestärkt wird bei uns allen.

Doch die Sorge bleibt: Kümmern wir uns genug darum,

dass es auch in Zukunft gibt das Evangelium?

Wir trösten uns: „Der Herr wird’s schon richten!“

Doch der Herr will dabei auf uns nicht verzichten.

Wir wollen nicht bleiben in der Amtsstube stickigem Mief,

sondern rausgehen zu den Menschen und handeln kreativ.

 

Das Schiff, das sich nennt Gottes Gemeinde,

werden wir steuern, trotz des Tobens der Feinde.

Die Eltern dieser Feinde sind Genusssucht und Lethargie.

Eine solche Mischung von Genen besiegen? Das klappt nie!

Doch bevor wir darüber geraten in Wut,

wollen wir ernsthaft zum Herrn beten um Mut.

Denn es liegt nicht allein in unseren Händen,

das Schicksal einer sich leerenden Kirche abzuwenden.

Doch überlassen wir die Menschen von heute

nicht den Dämonen als leichte Beute.

Die Menschen der Zukunft sind auch auf der Suche.

Und manche Antwort steht in unserem heiligen Buche.

Suchen wir Wege, um nach diesem Buch die Lust zu wecken,

dann bleiben wir auch in Zukunft nicht im Frust drin stecken.

Dazu das Gerechte tun und bei den Armen sein,

so kommt auch die Kirche gut in die Zukunft rein.

Wie soll das gehen? Ich sag es hier ganz offen,

so was geht nur mit lieben, glauben und hoffen.

„Labora et ora“, (malochen und beten),

so können wir getrost in die Zukunft treten.

Mit Herzen, Mund und Händen,

werden wir das Blatt noch wenden.

 

Nun hat der Frohsinn sich fast erledigt,

der Pfarrer hält in der Bütt ‘ne Predigt.

Der soll in der Kirche reden für die Frommen,

aber wir sind doch zum Karneval gekommen.

Sorry, auch wenn Ihr meint, dass ich hier Zeit vergeude,

die frommen Worte dienen doch sehr wohl Eurer Freude.

Ihr wollt im Himmel sicher alle ewig leben,

der Pfarrer will euch dazu die Beschreibung geben.

Was nützt es, wenn wir hier nur über Witze lachen

und uns keine Gedanken über unsre Zukunft machen?

Wenn wir beten zu Hause, oder im Kirchgebäude,

herrscht im Himmel über unsre Seele Freude.

 

Im Himmel werden sie wohl auch ganz kräftig Witze machen.

„Selig seid ihr, die ihr jetzt weint; denn ihr werdet lachen.“

So steht bei Lukas, was Jesus sprach wohl auf dem Feld.

Das gilt heute nicht nur hier, nein in der ganzen Welt.

Warum kommt man in den Himmel nur durch Weinen?

Es muss doch auch anders gehen, sollte man meinen!

Wir lachen hier, bis uns kräftig komm’n die Tränen,

so gehören wir ganz bestimmt dann auch zu denen,

die von Petrus eingelassen werden durch die Himmelspforte.

So lachen wir weiter, auf Erden und an jenem fernen Orte.

Manch einer schimpft jetzt und sagt: Ihr werdet‘s noch bereuen!

Doch die Bibel schreibt: „und euer Herze soll sich freuen.

Und diese Freude niemand von euch nehmen soll.“

Bei Johannes sechzehn,  steht das, ich find das toll.

Lacht kräftig, und lasst uns nicht lange warten,

sonst gibt es für den Himmel keine Karten.

 

Und weil es im Programm weiter gehen muss,

mach ich jetzt wohl oder übel Schluss.

 

Eins darf nicht fehlen, ihr wisst es ganz genau.

Euer Pastor sagt ein herzliches Helau.

 

 

 

© Pfarrer Michael Nitzke