© Pfarrer Michael Nitzke

 Altenstube Süd Büttenrede 1997

Ach lieber Gott, wo bleibt die Zeit?
Jetzt ist es wieder mal so weit.
Ich wußte schon, was mir heut blüht,
hier in der Altenstube Süd,
Karneval ist wieder angesagt.
 
Drum ran ans Werk, ganz unverzagt.
Wie sie wohl sehn, bin ich verkleidet.
Und ob wohl mancher drunter leidet,
komm ich heut hier in die Altenstub,
als frecher, roter Beelzebub.
Dem Teufel nimmt man seine Macht,
wenn man ihn getrost verlacht.
Dazu besteht auch heut die Meinung,
das mit ‘ner Karnevalsverkleidung
sich zeigt ein Wunsch, der tief verborgen.
Und als ich so schrieb den Text heut morgen,
hat ich ein komisches Gefühl im Magen,
Ich dachte na, kann ich’s wohl wagen,
als Mensch hier heut vor Ihn’n zu stehen,
dem der Pastor nun gar nicht anzusehen.
 
Nun könn’se mal die grauen Zellen regen,
und mit aller Kraft jetzt überlegen,
was aus mir geworden wär,
hätt’ ich den Beruf nicht mehr.
Ach das kommt Ihn’n komisch vor,
daß ganz tief innen im Pastor,
ein kleiner Teufel fröhlich sitzt,
und schon seine Ohren spitzt,
um heimlich meine Wünsche abzuhören,
um sich dann dagegen zu verschwören.
 
Was könnt aus mir so alles werden?
Berufe gibt’s genug auf Erden.
Wie wäre es denn einmal als Bäcker?
Au ja, das wär’ bestimmt ganz lecker!
All die schönen Torten und der Kuchen,
die täten mich dann doll versuchen,
Bäcker sein, das wär doch nett,
wär das Zeug nicht nur so fett.
Und noch was machte mir dann große Müh,
das Aufwachen in aller Herrgotts Früh.
Nein, um vier Uhr morgens schon der Wecker,
dann werd ich lieber doch nicht Bäcker.
 
Metzger, das wär auch ganz fein,
doch das bringt heut nichts mehr ein.
Die Leut ham Angst vor BSE,
und sagen „Rinderbraten, nee!"
und auch der ganze andre Rest,
ist ja bedroht von Schweinepest.
Ach ja, ach ja, ich merke schon,
dann bleibt mir nur der Weg nach Bonn.
Denn eins ihr lieben Leut, das wist’er,
den besten Job hat der Finanzminister.
Denn wo in aller Welt
sitzt man auf so viel Geld.
 
Doch wie sehr er sich auch daran freut,
wird er doch von den allermeisten Leut’,
dafür ganz kräftig noch verspottet.
Und Reichtum ist ganz schnell verrottet,
Das weiß man nicht nur aus Erfahrung,
das steht auch in unsres Geistes Nahrung,
nämlich in unsrer besten Fibel,
das ist und bleibt die Bibel.
 
Und wer so spricht,
dem glaubt man nicht,
das er auf dieser unsrer Erden
will von Beruf was anders werden.
 
Also, Schuster bleib, bei deinem Leisten,
und ich mach, was ich kann am meisten,
wenn ich nicht blieb ein Pfaffe,
wär ich doch ein alter Affe.
 
Doch manchmal ist das gar nicht leicht,
auch Sie wissen es vielleicht,
wenn einem partout nichts einfall’n will,
hilft auch keine Gedächtnis-Pill’.
Ideen kann man nicht einfach rauben,
um von Gott zu reden braucht man Glauben.
Der Gebote gibt es ja nur zehn,
doch wer sie heut noch soll verstehn,
Der muß hör’n die ganze Sache
nicht nur in der heut’gen Sprache
sondern dazu auch noch mit vielen
leicht verständlichen Beispielen,
so wird die Bibel bildlich übersetzt,
doch wenn sich jemand fühlt verletzt,
dann kann man sich auch noch so quälen,
beim Beispiele auswählen,
dann wird ei’m übel, richtig schlecht.
Doch niemand macht es jedem recht.
Das ist der einz’ge Trost, der bleibt,
und der mich an die Arbeit treibt.
 
Doch manchmal ist es wie ein Fluch,
vor allem wenn da kommt Besuch.
Sie wissen’s sicher alle schon,
ab Sonntag ist Visitation.
Und wenn Leute komm’n ins Haus,
dann putz man sich auch etwas ‘raus.
Dann wird getan und sich geregt,
schnell die Treppe noch gefegt,
und dann ist man fertig, jau,
für den Besuch vom KSV.
 
Der oberste von dem Verein,
ja, wer könnt’ es anders sein,
das ist der gute Philipps, Klaus,
allem Anschein nach sieht’s aus,
als ob das Amt, das er bekleidet,
nicht nur Freude ihm bereitet.
 
Ich hoff ich mach mit der Geschichte
seinen Ruf nicht ganz zu nichte.
Doch passiert, ist nun passiert,
und wer hätte sich noch nicht geirrt.
 
So schlimm ist’s nicht, es geht noch,
was geschah am letzten Mittwoch.
Da gingen sie ganz brav zur Frühschicht,
doch der, auf den sie warten, kam nicht.
Den Termin hat er verpennt,
der Herr Superintendent.
 
Doch so weit es mich betraf,
lag ich auch noch tief im Schlaf.
Als morgens noch vor sieben Uhr
ein paar Leute in der Kirche nur,
sich versammelt zum Gebet,
was ja sicherlich ganz nett,
doch so zeitig in der früh
macht es halt noch sehr viel Müh.
 
Und so bitt ich Sie von Herzen
bereiten Sie mir keine Schmerzen
und erzähl sie die Geschicht nicht weiter,
für mich wär das sonst nicht so heiter.
 
Doch das ist wahr auf alle Fälle,
von so hoch offizieller Stelle,
kommt ein Besuch nur alle Jubeljahre,
gut das ich das jetzt auch erfahre,
denkt mancher der sich schon
über die Visitation
in dieser oder jenen Nacht
um den guten Schlaf gebracht.
 
Doch wir woll’n weder uns verstecken
noch nach zu hohen Frücht uns recken,
wir wollen freundlich sein zum Gast,
der uns auch abnimmt manche Last,
durch einen wohlgemeinten Rat,
der uns beflügelt dann zur Tat.
Denn wir wissen’s ja nicht erst seit gestern,
in der Kirch gibt’s Brüder, ja und Schwestern.
Und die sind immer füreinander da,
das ist wahrhaftig und gewisslich wahr.
So nehmen wir auch gerne Rat an,
und sprechen dann zum ollen Satan,
hinweg mit dir, hau ab, verschwind,
und das Kostüm tu ich zurück in Spind,
wo’s dann liegt bis nächstes Mal,
wenn wieder dann ist Karneval. Helau.

 

© Pfarrer Michael Nitzke